Selten war es uns möglich, so sehr innezuhalten, runterzufahren, neu zu starten. Die Kräfte der Natur im Monat April helfen uns dabei. Denn April leitet sich vom lateinischen Begriff „aperire“ ab und bedeutet so viel wie „öffnen“. So öffnet der Frühling nicht nur die zarten Blütenknospen, sondern auch unsere Herzen. Wir müssen nur raus gehen, es zulassen, vertrauen. Alles andere übernimmt die Natur wie von Zauberhand.
Ein achtsamer Spaziergang durch den Wald macht den Kopf frei, füllt unsere Lungen mit gesunder Luft. Und erfrischt die Sinne, bringt sie in Verbindung mit den einzigartigen Wundern der Natur. Wie schön ist es doch, der Vogelmusik zu lauschen, die wohltuenden ätherischen Düfte einzuatmen, das helle Grün und die bunten Farben der Bäume und Blumen einfach nur wirken zu lassen.
Für alle, die in dieser herausfordernden Zeit das Privileg haben, einen Wald genießen zu dürfen, empfehle ich die wunderbar wie einfache Übung der „Baummeditation“. Sie hilft zu erden, Unwichtiges loszulassen und Tiefenentspannung zu erfahren. Dabei muss es nicht unbedingt ein Baum des Waldes sein. Auch im eigenen Garten oder im Park finden sich ganz herrliche, Kraft spendende Weggefährten. Und wer seine Wohnung zurzeit nicht verlassen darf, kann sich vielleicht mit Bildern oder schönen Gedanken autosuggestiv ein bisschen Natur ins Wohnzimmer holen.
BAUMMEDITATION
Bäume sind Heiligtümer. Wer mit ihnen zu sprechen vermag und ihnen zuzuhören weiß, der erfährt die Wahrheit. Sie predigen nicht Lehren und Rezepte, sie predigen das Urgesetz des Lebens.
Hermann Hesse
Wählen Sie ganz intuitiv einen Baum für diese Übung aus. Oder noch besser, lassen Sie sich von „Ihrem Baum“ finden. Nehmen Sie Kontakt mit ihm auf, über das Schauen, das Erfühlen, über ein paar tiefe Atemzüge. Stellen Sie sich nun mit dem Rücken an den Baum. Wenn Sie mutig sind, auch gerne barfuß auf das Wurzelwerk, damit Sie in direkter Verbindung sind. Schließen Sie die Augen und atmen Sie noch einmal tief ein und aus. Richten Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Fußsohlen. Wie fühlt es sich an? Vielleicht spüren Sie ein Kribbeln, die Unebenheit des Bodens, den weichen oder harten Untergrund… Stellen Sie sich nun vor, wie Sie mit jedem Einatmen die Kraft des Baumes und des Wurzelwerks über Ihre Fußsohlen in Ihren Körper leiten und sich mit jedem Ausatmen noch ein weniger intensiver mit dem Waldboden verbinden. Auch Ihr Rücken lehnt sich immer spürbarer an den Baumstamm. Mit der Zeit geben Sie praktisch Ihr gesamtes Gewicht an den Baum ab. Lassen Sie sich vertrauensvoll von ihm tragen. Spüren Sie bewusst die Berührungspunkte, beobachten Sie Ihren Atem, indem Sie ihn nicht versuchen zu steuern. Einfach fließen lassen. Gedanken, die aus dem Alltagsleben vielleicht aufblenden, ziehen lassen, sich wieder bewusst zu den Sinnen und der Atmung zurückbringen. Nehmen Sie sich solange Zeit für diese Übung, bis sich ein Gefühl von Urvertrauen, Tiefenentspannung und Dankbarkeit einstellt. Das ist nun auch eine wunderbare Gelegenheit, tiefer hinein zu horchen, dem Inneren des Herzens zu lauschen. Oder gedanklich oder verbal auszuformulieren, was längst gesagt werden sollte. Bäume sind wunderbare Zuhörer. Vielleicht antworten sie sogar, vielleicht eröffnen sie Ihnen Zeichen für die ein oder andere, wichtige Frage des Lebens…
Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Plausch in und mit der Natur!
Ihre Barbara Peintner