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HAND AUFS HERZ

Geschrieben von Hotel Gitschberg am 02. Februar 2021

WIE'S UNS WIRKLICH GEHT?

Über die Ehrlichkeit oder wie das Schreiben durch die Krise hilft…

Wie geht’s euch denn? Diese freie wie schlichte Frage wird uns täglich im Austausch mit unseren lieben Gästen gestellt. Und wir freuen uns darüber. Denn es könnte auch eigentlich anders sein, ausbleiben, nicht interessieren. Unsere Antwort lautet dann zumeist so in etwa: „Danke, es geht uns gut, wir sind gesund und zuversichtlich. Wir wollen einfach und irgendwie das Beste aus dieser ver-rückten Zeit machen.“

Aber seinmar uns ehrlich… Sind wir uns wirklich immer ehrlich? Das bringt schon zum Grübeln. Und weil die Maschine im Kopf jetzt angelaufen ist, nützt's eh nix mehr. Es muss einfach raus. Unverblümt, ungelogen. Mit einem klaren JA zu schonungsloser Ehrlichkeit. Aber als Autorin dieser Zeilen muss ich Sie warnen: es wird ein bisserl länger und ausführlicher, bis alles erklärt ist.

Ich hab schon immer gern geschrieben. Schon zu Kindeszeiten. Lieber Geschichten zu Papier gebracht als sie erzählt. Lieber gekritzelt, als geredet. Ich hatte das große Glück, in der vorsteinzeitlichen, digitalfreien Zeit aufzuwachsen. Mit Brieffreundschaften, Tagebüchern - und achherrje wie schön - mit Liebesbriefen. Die romantischen Beweise liegen bis heute schön sortiert und gebündelt in meiner persönlichen Schatzkiste. Das Schreiben fiel mir einfach leicht. Es gab mir genügend Zeit zu denken, die für mich wichtig-richtigen Formulierungen zu finden. Oder eben nicht. Auf jeden Fall alles das zu sagen, was ich nicht für mich behalten konnte und wollte, was gradaus raus musste.

So ist es rückblickend eigentlich nicht verwunderlich, dass ich mir von meiner ursprünglich eingeschlagenen Hotelkarriere erstmal nur die Liebe zu meinem Herzensmann behalten habe. Und mich kreative Um-Wege in die Marketing- und Werbebranche geführt haben. Da war es dann wieder, das Schreiben. Und wie ich geschrieben hab. Konzepte über Konzepte, Pressegeschichten über Pressegeschichten, Werbetexte über Werbetexte. Bis die Leere kam. In meinem Kopf und auch in meinen Worten. Die Leichtigkeit und Freude hatten sich gewandelt. Obwohl es doch einst so beflügelnd, kreativ und sinnstiftend war...

Also war mein Plan: zurück ins Gitschberg! Die Kommunikation auf Papier mit guten Gesprächen und direktem Dialog zu tauschen. Sie mit Fröhlichkeit, gemeinsamen Lachen und mit mehr Herzblut zu füllen. Unvergleichlich schön! Bis dann ein winzig kleines Virus die Welt und unser aller Leben und Gemüt zum Ruckeln brachte. Und es still wurde hier in diesem großen Haus. Ungewohnt still. Das Bedürfnis nach sozialer Nähe wurde unsagbar groß. Wir wollten die Energie und Verbindung zu unseren Gästen nicht nur im Herzen hochhalten. Und so bekam die virtuelle Gitschberg Post ihren wirklich ehrlichen Sinn. Kein 0815 Newsletter-Programm mit neuen Urlaubsschnäppchen und Verkaufsparolen. Sondern mit offenen Worten, frei von der Seele, ganz wie es die Gefühlslage gerade hergab. Schon wieder so eine coronagute Sache! Je weniger sich die Welt drehte, desto einfacher war es plötzlich sich mitzuteilen. Jeder Schreibprozess wurde zum heilenden Akt, jeder mit der Aussendung verbundene Austausch zum Hochgefühl. Sie dürfen sich gerne vorstellen, wie wir jedes Mal nach dem Verschicken unserer Post gespannt vor dem Rechner sitzen und uns wie Bolle freuen auf jede einzelne, liebenswürdige Rückmeldung.

Mein Mann neben mir schmunzelt. Er kennt mich allzu gut. Nicht nur beim Reden, auch beim Schreiben hol ich so manches mal länger aus, als es Sinn macht. Aber halten Sie noch ein bisserl durch, wenn Sie grad nichts Wichtigeres vorhaben. Lesen Sie doch einfach weiter…

Die letzte Gitschberg Post im Jänner hat uns dann aber nicht nur viele wunderbare Glückwünsche für 2021 gebracht, sondern auch eine gradaus-offene Aufforderung, die uns erstmal stocken ließ: „Liebe Familie Peintner, wie erleben Sie diese Zeit? Vielleicht trauen Sie sich auch mal in einem Newsletter Ihre Probleme zu schildern?“

Noch Tage nach Ihrer Email, liebe Frau T., haben sich die Gedanken gedreht. Mit gutem Grund, denn richtigerweise haben wir nie über unsere Sorgen und Ängste geschrieben! Wir hätten natürlich erzählen können: Darüber, dass auch uns gar manches Mal der Boden unter den Füßen fehlt. Gerade in diesen vielen und gefühlt ewig andauernden Momenten, in denen einfach keine Beständigkeit und Planbarkeit möglich ist. In denen wir weder unserem Team noch unseren Gästen irgendeine, vernünftige Perspektive geben können. Oder über Situationen, in denen unsere Verbindlichkeiten schonungslos das Bankkonto plündern, ohne dass die Habenseite etwas auffangen kann. Über den leisen Unmut, wenn unsere Nachbarn gefühlt großzügige Subventionsprogramme vorstellen und Rom, neben dem eigentlichen Notstand, noch mal schnell seine eigene Politkrise zaubert. Und zulässt, dass Arbeitslosengelder und Lohnausgleichszahlungen nicht nur für unsere Mitarbeiter, sondern für tausende Andere einfach auslaufen, nicht bezahlt werden. Dass für unser eigentlich gesundes und autonomes Land Südtirol der Spielraum schwindend gering ist, die vielen am seidenen Faden hängenden Existenzen zu stützen.

Ja, jetzt ist sie da, die schonungslose Ehrlichkeit. Aber warum fällt es uns in Allerherrgottsnamen nicht leicht, unsere Sorgen mitzuteilen? Merken Sie es auch? Nicht weil es vielleicht unbequem ist, wenig schick oder einfach beschämend. Es ist die ungebremste Kraft und Energie, die EINFACH NICHT GUT TUN. Nicht uns, nicht Ihnen, nicht dem Zeitgeschehen. Zu viele negative Schlagzeilen den ganzen Tag, zu viel emotionaler Tunnelblick und Ausweglosigkeit in den Köpfen dieser Welt. Schon allein diese obigen Zeilen zu schreiben, kostet mich mehr Kraft als eine ganze Gipfelbesteigung. Und ich bin wahrlich keine Sportskanone.

Ich will über das Heilsame und Gute schreiben, auch wenn ich damit in den Augen mancher vielleicht eine hoffnungslose Träumerin bin. Aber das Leben beginnt grad neu und möchte einiges verändern. Unser Mut braucht einen Neuanfang. Darum will ich Sorge tragen für uns und all das Gute, das uns umgibt. Dankbarkeit in unser Leben lassen. Weil es stärkt. Ich will Botschaften weitergeben, die anregen und inspirieren. Und Wege aufzeigen, die das Sein-Lassen und Los-Lassen leichter machen. Auch für die Sorgen und Ängste dieser Zeit.

Wie es uns wirklich geht? Es ist anders. Aber es geht uns gut! Ausgesprochen gut! Das Leben hat uns mit einer Fülle beschenkt, die wir manchmal allzu gern und allzu schnell vergessen. Die in den täglich kleinen Dingen aber aufleuchten, wenn wir hinsehen. Wir haben Sie - ganz wunderbare, liebenswürdige und im Herzen verbundene Gäste und Freunde. Die uns durch diese bewegende Zeit tragen und uns immerzu wissen lassen, dass viel Zuversichtliches und ein Wiedersehen auf uns warten. Uns hilft die wertvolle Natur, auch sie ist ein ganz wunderbarer Kraftquell und Kummerfresser. Und da ist für mich ganz persönlich natürlich das Schreiben. Es wirkt befreiend, erdend, wie ein wahres Wunder. Je positiver ich die Worte wählen darf, desto leichter fällt es mir daran festzuhalten, sie zu verinnerlichen. Mich selbst und vielleicht auch einige, die diese Zeilen lesen, mit positiven Gefühlen zu betanken. Damit wir vertrauen dürfen, dass es gut ist wie es ist. Und das Beste vor uns liegt...

Ihnen ein Dankeschön für die geschenkte Zeit und das viele Licht, das Sie uns zutragen. Ich werde heute ein Kerzerl anzünden und ganz viel Sonne tanken - es ist schließlich Lichtmess. Ein guter Tag alles zu verabschieden, was unser Leben dunkel macht. In diesem Sinne, seien auch Sie lichtvoll und gut zu sich und Ihrer Gedankenwelt, haben Sie's fein und bleiben Sie gsund!

Herzlichst, Ihre Barbara Peintner